Jetzt beginnt wieder die Zeit, wo unser Weg zur Arbeit doppelt so lange dauert, da es so viel Wildes zu ernten und zu bestaunen gibt. Vor Kurzem wurden wir auf unserem Weg auf kleine dunkle Kirschen aufmerksam. Wir beobachteten Vögel, die begeistert von den Früchten naschten und fragten uns, ob man die wohl essen kann? Da sie wie Kirschen aussahen (nur viel kleiner), wagten wir es sie zu pflücken und zu probieren*. Die weichen Früchte schmeckten schön süß mit starkem Kirscharoma und waren ziemlich saftig. Wir pflückten noch ein paar und kamen mit etwas roten Fingern im Büro an. 😉
Wie sich beim Blick in das Buch “Köstliches von Waldbäumen”* von Markus Strauß herausstellte, hatten wir Vogelkirschen probiert – eine Urform der allseits bekannten Kirschen. Also eindeutig essbar! Und nicht nur das, Vogelkirschen sind auch noch unglaublich aromatisch und reich an Vitalstoffen, insbesondere Kalium, Kalzium, Vitamin C, Provitamin A, Folsäure, Enzyme und Gerbstoffe. Sie heißen übrigens Vogelkirschen, da sie von Vögeln so gerne verspeist werden. Schlaue Vögel!
* Sonst sind wir eher vorsichtig mit unbekannten Beeren oder Früchten, da diese auch giftig sein können.
Unsere wilde Kirschernte
Nicht weit von unserem Garten entdeckten wir am Rande einer Streuobstwiese auch einige Vogelkirschbäume. Die perfekte Gelegenheit wie bei unserer Brombeerjagd im letzten Jahr mit der Leiter anzurücken. Denn die besten Kirschen hängen natürlich in luftiger Höhe. Da die Bäume bis zu 30 Meter hoch werden können und unsere Leiter nicht so hoch reicht, bleibt für Vögel & Co. auch noch genug Futter. Seltsamerweise sahen wir bisher noch nirgendwo jemanden, der ebenfalls diese Köstlichkeit erntete. Mittlerweile können wir dies verstehen, da die Vogelkirschen auf Grund ihrer Größe etwas mühsam zu essen und zu verarbeiten sind. Was uns aber nicht davon abhielt, mehrfach zu sammeln. Denn der Geschmack ist ausgezeichnet, viel aromatischer als bei den auf Größe gezüchteten Kulturformen.
Wie beim Brombeerpflücken arbeiten wir beim Kirschenernten mit zwei Behältern: Eine kleine Schüssel, in die wir hineinpflücken und eine große auf dem Boden, in die wir regelmäßig unsere Beute schütten. Auf diese Weise geht nicht alles verloren, falls uns die kleine Schüssel bei wackeliger Leiter mal aus der Hand fällt oder wir gleich mit von der Leiter fallen…
Reif sind Vogelkirschen vor allem im Juli. Die Bäume sind einfach zu identifizieren. Von Wuchs, Stamm und Blattform haben sie große Ähnlichkeit mit der Kulturform. Die Früchte sehen ebenfalls aus wie Kirschen, nur eben ein ganzes Stück kleiner als Süß- und Sauerkirschen.
Pflücken solltet ihr möglichst die ganz dunklen und schon weicheren Kirschen. Diese sind schön süß. Unreife Früchte neigen dazu ein wenig bitter zu sein. Aber nicht alle Vogelkirschsorten werden ganz dunkel. Wir entdeckten auch einen Baum mit leckeren hellroten Früchten.
Wir haben die Empfehlung gelesen Vogelkirschen mit Stiel zu ernten, weil dann nicht so viel Saft an die Finger kommt. Aber das finden wir zu mühselig, auch beim späteren Entkernen. Wir pflücken die Kirschen, wie wir sie zu fassen kriegen und verarbeiten sie dann rasch. Unsere Finger sind nach der Ernte allerdings immer etwas rot ;-). Vorsorglich haben wir daher alte Kleidung an, bei der es nicht so schlimm ist, wenn sie Kirschflecken abbekommt.
Vogelkirschen entkernen mit Haarnadel
Schnell hatten wir beim ersten Sammeln eine reiche Ernte zusammen, standen aber ein wenig ratlos davor: Wie sollen wir die weiterverarbeiten!? Normale Geräte zum Kirschenentkernen helfen nämlich nicht weiter. Die kleinen Vogelkirschen fallen einfach durch die Löcher dieser Küchenhelfer.
Also besannen wir uns auf Omas geheimen Trick und griffen zur Haarnadel. Damit können wirklich wunderbar Kirschen entsteint werden: Mit der geschlossenen Seite der Haarnadel (nicht mit den spitzen Enden) geht ihr vom Stielansatz in die Kirsche. Dann fahrt ihr um den Kern herum bis zu dessen Ende und zieht den Kern heraus.
Anfangs waren wir noch etwas ungeschickt: Die Kirschen gingen total kaputt, Saft verfärbte die Umgebung und der Kern flog durch die Gegend. Nach einigen Versuchen hatten wir den Dreh raus. Unsere Hände waren danach allerdings hübsch rot vom ganzen Saft.
Die Haarnadelmethode finden wir super praktisch. Sie macht die Kirschen weniger kaputt, als die gängigen Küchenhelfer, bei denen der Kirschkern aus der Kirsche gedrückt wird. Mit ein wenig Übung ist die Haarnadelmethode außerdem mindestens genauso schnell. Für die ersten Entkernungsversuche haben wir uns aber vorsichtshalber in unseren Garten gesetzt, um unsere Küche nicht rot einzufärben.
Die entsteinten Vogelkirschen wanderten in unseren Trockner und den Tiefkühler, um für den Winter ein paar Kirschen vorrätig zu haben. Auch für unsere Beeren-Muffins eignen sich die entsteinten Vogelkirschen hervorragend.
Fruchtmus aus dem Thermomix
Das Entsteinen mit der Haarnadel funktioniert super, aber trotzdem waren wir auf der Suche nach einer schnelleren Methode, da wir nicht nachmittagelang die wilden Kirschen entkernen wollten. Bei unseren Recherchen sind wir auf den Trick gestoßen, die Kirschen in der Küchenmaschine Thermomix vom Stein lösen zu lassen. Dabei entsteht dann allerdings Fruchtmus und keine sauber entsteinten Kirschen.
Für das Fruchtmus gebt ihr die Kirschen (500 g) in den Thermomix und lasst sie für 2 Minuten auf Stufe 4 rühren. Das Fruchtfleisch wird dann von den Kernen gelöst. Über Stufe 4 solltet ihr nicht gehen, sonst werden die Kirschkerne mit zerschreddert. Die Kirschmasse könnt ihr dann durch ein Sieb passieren.
Das im Thermomix erstellte Fruchtmus eignet z B. als Grundlage für vollwertige Fruchtaufstriche oder um Fruchtleder daraus herzustellen.
Fazit
Vogelkirschen sind unsere Wildobstentdeckung 2013. Zwar sind sie etwas klein. Um satt zu werden, muss man schon einige pflücken und essen. Der kräftige Kirschgeschmack überzeugte uns aber so sehr, dass wir die Mühe gerne auf uns nehmen.
Momentan brauchen wir kaum Obst dazu zu kaufen. In unserem Garten sind rote und schwarze Johannisbeeren und ein paar Erdbeeren reif. Als süße aromatische Ergänzung locken überall am Wegesrand Vogelkirsche und Felsenbirne.
Wir wünschen euch fröhliches Ernten! 🙂

Cheinitz kurt
Was ist mit den Kirschsteinen sind sie giftig ?
Melanie und Sönke
Mit Sicherheit enthalten die Kirschsteine der Vogelkirschen wie andere Kirschsteine ebenfalls Blausäure. In größeren Mengen ist Blausäure giftig. Falls man mal einen oder ein paar Steine herunterschluckt, zerbeißt oder mit entsaftet, ist dies vermutlich völlig ungefährlich, da so ein Kirschstein nur sehr kleine Mengen Blausäure enthält.
Alison Pask
Mich würde interessieren, wie es mit den kleinen schwarzen Kirschen ist, die nicht so hängen – ich habe dummerweise jetzt nur einen mitgenommen, also kann ich nicht beschreiben, wie sie hängen, aber irgendwie einzeln. Es sind eher Büsche als Bäume. Alles zarter. Auch essbar?
Melanie und Sönke
Hallo Alison,
da können wir dir leider nicht weiterhelfen. Wir bräuchten mindestens ein Foto von den Beeren und am besten auch von dem Busch und den Blättern. Dann könnten wir vielleicht eine Vermutung äußern, um was es sich handeln könnte.
Liebe Grüße
Daniela
Ich habe in unserem Reitstall Vogelkirschen in diesem Jahr entdeckt und sie schmecken einfach grossartig. Klein und superfein. Vom Pferd aus kann man sie hervorragend ernten.
Eugen
Neben den “Vogelkirschen”, prunus avium, gibt es noch weitere wilde Kirschsorten. Vllt. meinst du Alison Pask ja eine davon, so z.B. die früh (Prunus padus) und die Spätblühende Trauben-Kirsche (Prunus serotina). Folgender Artikel:
https://www.gemuesegarten-blog.de/2018/04/traubenkirsche-blueht-gedicht/
Es gibt auch die Felsenkirsche, ebenfalls essbar 😉
Helga
Zum Entkernen: .
es ist noch praktischer, wenn man die Haarnadel mit den beiden Enden in einen Korken steckt, dann kann man den Korken gut mit einer Hand fassen und den Zeigefinger auf die Haarnadel legen zum Entkernen.
Es ist günstig, die Hände in Einmalhandschuhe zu stecken.
Ansonsten die blaugefärbten Finger hinterher mit Zitronensaft beträufeln, dann geht die Farbe weg.
Johann
Man kann auch die Blätter vom Kirschbaum nutzen für einen leckeren französischen Aperitif: Vin de cerises
Mehr dazu hier https://www.gemuesegarten-blog.de/2018/06/kirsch-aperitif-aus-kirschblaettern-vin-de-cerises/
Jana Dutschke
Hallo!
Ich habe meine Vogelkirschen mit KERN in Rum eingelegt. Muss ich jetzt Angst haben wegen der Blausäure?
Mfg Jana